Jungtiertötung in Zoos

Tötung von Jungtieren in Zoos

"Ein Zoo, der eingestünde, dass er überhaupt Jungtiere tötet, könnte zusperren." (Spiegel Nr. 5/31.1.2000). Lang ist's her. Inzwischen reden die Zoo-Apologeten ganz offen über die Endlösung der Jungtierfrage, und noch immer können die Zoos ein- statt zusperren. Tierausbeuter, die in fühlenden Lebewesen eine Ware sehen, die nach Belieben zu mißhandeln und umzubringen ist, um sie aufzufressen, den eigenen Körper in Teile der Leichen zu hüllen oder wie hier, um sie gegen Geld den Gaffern vorzuführen (so wie es vor nicht allzulanger Zeit in Zoos auch üblich war, dem neugierigen Publikum Menschen aus Afrika zu präsentieren, und so wie Behinderte auf Jahrmärkten zur Schau gestellt wurden).

Die vorgeschobenen Gründe -- "Bildungsauftrag", "Artenschutz" oder gar "Krebsvorsorge" -- sind leicht zu widerlegen.

Interessant wäre auch die Vorstellung, wie die Zoodirektoren ein Menschen-Gefängnis leiten würde, mit ganz neuen Aspekten der Todesstrafe ...

Achim Stößer
Maqi -- für Tierrechte, gegen Speziesismus

(unveröffentlicht)

Hier wird gezüchtet und geschlachtet

Karlsruher Zoo im Dilemma zwischen Bildungsauftrag und artgerechter Tierhaltung

"Ist das Schäfchen süß, Papa!" Was der Steppke nicht weiß: Das Lamm hat im Karlsruher Zoo nicht lange zu leben. Schon morgen kann es im Löwenkäfig enden. Tiere aufziehen, um sie danach zu töten - der Zoo hat dabei ganz humane Gründe.

Von Klaudia Ermlich

Karlsruhe. Verwunderte oder entsetzte Reaktionen kann die Karlsruher Zooleiterin, Dr. Gisela von Hegel, nicht nachvollziehen: "Wie Berufsjäger müssen wir Tiere auslösen, die den Bestand gefährden." 'Gefährden' beginnt bereits dann, wenn eine Herde zu groß ist und Platzkämpfe anfangen. Das trifft besonders auf die geburtenfreudigen Huftiere zu. "Dann werden die Schwächsten bedroht - permanenter Stress, der gegen das Tierschutzgesetz ist."

Für die Überpopulation ist der Zoo selberverantwortlich, findet Evelyn Fleig, Vorstandsmitglied der Karlsruher Arbeitsgruppe gegen Tierversuche und Menschen für Tierrechte: "Man züchtet süße Jungtiere zum Vorzeigen, die später überflüssig sind! Mit Kastration wäre das Problem gelöst." Das widerspricht für von Hegel dem Bildungsauftrag des Zoos, der dem Besucher die Natur in allen ihren Facetten nahe bringen möchte.

Auf Empfängnisverhütung hat die Zooleiterin in der Vergangenheit gesetzt, die sich als für die Tierwelt untauglich erwies:

"Das führt in einer sozial intakten Gruppe zwangsläufig zu Instabilitäten. Beispielsweise, wenn das Weibchen Hormone verabreicht bekommt und daher ständig signalisiert, es sei empfängnisbereit. Das Ergebnis ist Krebs und Tod."

Findet sich kein Platz in einem anderen Zoo für die überzähligen Tiere, greift von Hegel zu Bolzenschussgerät oder Gewehr und setzt an zum Kopfschuss - "auch wenn es mir selber nicht leicht fällt." Nach dem "Himtod" wird das Tier ordnungsgemäß ausgeblutet. "Keiner schimpft, wenn woanders Tiere geschlachtet werden. Dabei entfällt bei uns sogar der lange, schmerzhafte Transport", erklärt von Hegel.

Diese darwinistische Form von Tierliebe im Karlsruher Zoo scheint das Publikum nicht zu stören. "Die Besucherzahl ist 1999 um zehn Prozent auf über eine Million gestiegen - obwohl wir nie verheimlicht haben, dass hier geboren und gestorben wird", argumentiert die Zooleiterin. Wir fragen unsere Leser: Wie urteilen Sie?

[Foto mit eingangs geschilderter Lamm-Szene. Bildunterschrift: Jungtiere als Publikumsmagneten und dann als Raubtierfutter - Karlsruher Tierschützer sind empört. Foto: clo]

(Boulevard Baden, 5. 3. 2000)

Ganz humane Gründe

Ganz "humane" Gründe, heißt es in Ihrem Artikel, habe der Zoo dafür, Tiere umzubringen. In der Tat, humane Gründe im negativsten Sinn des Worts sind es, die (Ab-)Gründe menschlicher Tierausbeuter, die in fühlenden Lebewesen eine Ware sehen, die nach Belieben zu mißhandeln und umzubringen ist, um sie aufzufressen, den eigenen Körper in Teile der Leichen zu hüllen oder wie hier, um sie gegen Geld den Gaffern vorzuführen (so wie es vor nicht allzulanger Zeit in Zoos auch üblich war, dem neugierigen Publikum Menschen aus Afrika zu präsentieren, und so wie Behinderte auf Jahrmärkten zur Schau gestellt wurden).

Die vorgeschobenen Gründe -- "Bildungsauftrag", "Artenschutz" oder gar "Krebsvorsorge" -- sind leicht zu widerlegen.

Wollen wir hoffen, daß Frau Hegel nie schwanger wird, denn sicher praktiziert auch sie keine Verhütung, um nicht an Krebs zu erkranken, und würde demnach gemäß ihrer soziopathischen Argumentation ihr überflüssiges Kind per Bolzenschuß entsorgen. Interessant auch die Vorstellung, wie sie ein Menschen-Gefängnis leiten würde, mit ganz neuen Aspekten der Todesstrafe ...

(Achim Stößer, Maqi - für Tierrechte, gegen Speziesismus)

Dürfen Zootiere an Zootiere verfüttert werden?

Die Leserbriefaktion von Boulevard Baden ergab kontroverse Meinungen: vom Lob an den Karlsruher Tierpark bis zu Zweifeln an seiner Existenzberechtigung

Eine Welle von Leserbriefen schwappte in diesen Tagen in die Redaktion. Zum Artikel "Hier wird gezüchtet und geschlachtet" in der vergangenen Ausgabe fragten wir die Karlsruher nach ihrer Meinung. Unter Tierliebe verstehen die einen, dass der Karlsruher Zoo die überzähligen Tiere verfüttern darf. Andere Leser sehen darin eine Doppelmoral.

Die tierlieben Mitmenschen, die sich über das "Abschlachten" von Zootieren aufregen, sind allesamt reine Vegetarier und stechen auch niemals ihren Garten um, denn dabei kommen zwangsläufig unsere wurmförmigen Vorfahren zu Schaden. Autofahren ist auch verboten, denn dabei ereilt hunderte von Mücken der Tod auf dem Kühler und der Windschutzscheibe...
Mein Tipp an diese fanatischen Tierliebhaber: bleibt artgerecht zuhause und schont Eure Nerven und Euer Herz, tretet nicht vor die Tür, denn dort könnte gerade eine Ameise vorbeilaufen.
Peter Krcmar, Dipl.-Biol, Karlsruhe

Wer es mit seinem Gewissen nicht vereinbaren kann, sich auf Kosten anderen Lebens zu ernähren, dem bleibt als Ausweg letztlich nur der Selbstmord, will er glaubwürdig sein. Ein wenig Nachdenken über den Kreislauf der Natur würde also auch engagierten Tier schützern gut anstehen. Mit Scheuklappen durchs Leben zu gehen, nützt also überhaupt nichts, und jede Ideologie ist nur die kürzeste Umgehungsstraße um das Gehirn.
Hanns Brauch, Karlsruhe

Also wer sich darüber aufregt, dass die Löwen im Zoo die süssen kleinen Lämmer zu fressen bekommen, sollte sich fragen lassen, wieviele Kalbsbraten, Spanferkel oder Osterlämmer er in seinem Leben schon verputzt hat. Was für eine verlogene Welt!
Stefan Süberkrüb, Karlsruhe

Wer glaubt, dass man Tiere in Zoos um ihrer selbst willen sauber, großräumig und, soweit halt möglich, verhaltensgerecht hält, der irrt sich gewaltig. Die Lebensqualität der Zootiere stieg wegen der sich wandelnden öffentlichen Meinung, nicht etwa, weil Zooleute als Tierfreunde von irgendwelchen tier-ethischen Motiven getrieben werden. Die alte Mär, dass Nachzuchterfolge ein Beweis für tiergerechte Haltungsbedingungen seien, ist längst überholt, sind doch die meisten Nachkommen das Ergebnis von hypersexuellen Angriffen der gelangweilten und deshalb neurotischen Tiermännchen oder aber mit Hormonspritzen zustande gekommen.
So hat zum Beispiel der Karlsruher Zoo zumindest früher die sexuelle Stimulans der Eisbären mit der Spritze gesteigert.
Peter H. Arras, Geschäftsführer der Aktion konsequenter Tierschutz, Karlsruhe

Was soll denn dieses ganze Gedöns um das Töten der Lämmer im Zoo? Würde man die Schafe in den Schlachthof bringen, würde kaum jemand Notiz davon nehmen, und wenn die Tiere zu wenig Platz haben, ist es auch nicht tiergerecht.
Solange das Ganze nicht öffentlich und vor Kinderaugen geschieht, ist dagegen doch überhaupt nichts einzuwenden, schließlich muss man auch realistisch bleiben und ein Schäfer führt ja seine genauso süßen Lämmer auch zur Schlachtbank. Mittlerweile kommt es schon soweit, daß irgendwann das Tierrecht über dem Menschenrecht steht.
Anton Krämer, Karlsruhe

Der "Bildungsauftrag" von Zoos ist ein Märchen. Was, bitte, sollen wir von den im Zoo Eingekerkerten lernen? Natürliches Verhalten etwa, von Tieren, die durch ihre Gefangenschaft psychisch krank sind? Viele Kinder halten nicht nur dank der Werbung Kühe für lila, sondern dank der immanenten Tierquälerei in Zoo und Zirkus das Weben (monotones Kopfschwenken) von Elefanten und das sprichwörtliche auf- und abtigem von Großkatzen, alles Zeichen von Psychosen, für natürlich. Das einzige, was sie im Zoo "lernen" können, ist, dass es völlig akzeptabel ist, Unschuldige unter fadenscheinigen Vorwänden lebenslang einzusperren, wenn sich damit nur Geld verdienen läßt.
Achim Stößer vom Verein[sic!] Maqi - für Tierrechte, gegen Speziesismus, Karlsruhe

In der Natur geschieht eine natürliche Auslese durch natürliche Feinde und raue Lebensbedingungen. Ein Zoo sollte doch auch so gut wie möglich die natürlichen Bedingungen zeigen. Empfängnisverhütung für die Zootiere ist nicht gerade natürlich. Ich finde es daher durchaus in Ordnung, überzählige Tiere (natürlich keine, die in irgendeiner Weise des Artenschutzes bedürfen) als Schlachttiere zu betrachten.
I. Klukas, Karlsruhe

Es ist nur natürlich, dass Huftiere oftmals gebären. In freier Wildbahn ist der Verlust durch Riss von Raubtieren auch sehr hoch, so dass die Huftiere sehr fruchtbar sind, sein müssen. Für ein normales Verhalten innerhalb einer Herde kann es nicht gut sein, eine Ansammlung von kastrierten bzw. hormonbehandelten Tieren zu halten. Die Tiere werden verhältnismäßig artgerecht gehalten, was man von den sogenannten Nutztieren nicht sagen kann. Ausserdem entfällt ein weiterer Transport und das "Schlachthoferlebnis"; beides bedeutet großen Stress für die Tiere. Was hier im Zoo praktiziert wird, halte ich für absolut human, sozusagen anständig den Tieren gegenüber.
Heike Friedrich, Leopoldshafen

Wenn "nur" Nutztiere wie Kühe geschlachtet würden, wäre das zu vertreten. Raubtiere müssen auch leben, sie sind Fleischfresser. In der Regel bleibt es aber nicht bei Nutztieren. Da werden auch "überzählige" Gazellen, Braunbären, Löwen und Tiger beseitigt. Die Jungtiere sind sehr niedlich, ein Publikumsmagnet. Das zieht! Doch alle Tierbabys wachsen, dann ist es mit der Anziehungskraft vorbei. Es lebe der Kommerz auf Kosten der unschuldigen Tiere, die dem Menschen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind. Das ist doch ein super Bildungsauftrag, oder?
Sibylle Cowperthwaite, Stutensee

In welcher Welt lebt Frau von Hegel eigentlich? Seit Jahrzehnten setzen wir Tierschützer unsere ganze Kraft dafür ein, den Massenmord an den Tieren, der sich hauptsächlich hinter den Kulissen abspielt, an die Öffentlichkeit zu zerren und deutlich zu machen, welch uner- messlichen Verbrechens sich die Menschheit durch den Fleischkonsum schuldig macht. Wahrscheinlich besteht der Unterschied zwischen Frau Dr. von Hegels "Streichelzoo" und einem Schlachthof darin, dass im Schlachthof kein Eintritt verlangt wird!
Verena Kölmel, Karlsruhe

Einen kleinen Teil der Jungtiere behält man, um sie gegen "für den Bildungsauftrag unbrauchbar" gewordene Alttiere auszutauschen. Das sind jene Tiere, die durch die tödliche Langeweile in der Gefangenschaft verblödet sind; Tiere, die nur noch im Stall stehen und stundenlang sog. "Web- oder Schaukelbewegungen" mit dem Kopf ausführen. Man kann es drehen und wenden wie man will - es ist nicht möglich, Wildtiere in engen Gehegen auch nur einigermaßen artgerecht zu halten. Einrichtungen wie der Karlsruher Zoo sind Gefängnisse, in denen exotische Tiere zum Vergnügen der Menschen ausgestellt werden.
Ulrich Plohmann, Eggenstein

Hier stellt sich allerdings wieder einmal die Frage, was Tierschützer eigentlich bezwecken. Sollen hier unschuldige Lämmer vor dem Opfertod bewahrt werden? Dann wäre auch zu überlegen, ob die Löwen nicht auf vegetarische Kost umgestellt werden können. Dass heute immer wieder Tierschutz und Tierliebe verwechselt werden, zeigt, wie weit sich der moderne Industriemensch schon von seinen Wurzeln entfernt hat.
Simone Belgardt, Karlsruhe

Warum es zuviel Nachwuchs gibt, wurde klar dargestellt. Darum finde ich es richtig, wenn überzählige Tiere geschlachtet werden. Wenn es aber heißt, der Zoo habe zu wenig Platz, dann frage ich mich, warum weitet man die Flächen nicht aus? Die Teilung Zoo und Stadtgarten bei gleichem Eintrittspreis ist ja faktisch, auch nicht gegeben und der Übergang von einem in den anderen Bereich ist doch fließend. Vielleicht ist es nur eine Frage des Nachdenkens, wie man Tierfreunde und Pflanzenfreunde anlagemäßig zusammenbringen kann.
Helmut Lehmann, Karlsruhe

[Foto: Erwachsenes Flußpferd im Zoo. Bildunterschrift: Nicht alle Zoobewohner sind Vegetarier, um den Speisezettel der Raubtiere ist ein Streit entbrannt. Foto: clo]

(Boulevard Baden, 12. 3. 2000)

Autor:Achim Stößer
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