Dienstag, 20. September 2005 * Bad Soden-Salmünster * Seite 13

Tierisches kommt nicht auf den Teller

Aktivisten einer Tierrechtsorganisation mit Sitz in der Kurstadt berichten über ihre Motive

Von Julia Weigelt

Kapf für die Freiheit der Tiere - TitelSALMÜNSTER Achim Stößer macht es einem nicht gerade leicht, über ihn zu berichten. Er möchte nur mit digitalen Kameras fotografiert werden, weil analoge Kameras einen Film belichten, der Gelatine enthält. Und auch in "normale" Cafés geht er nur ungern - denn hier gibt es auch Speisen und Getränke mit Kuhmilch. Das klingt in den Ohren vieler Verbraucher ungewöhnlich - aber Achim Stößer und seine Freundin Tanja Mueller sind Veganer und Angehörige der Tierrechtsorganisation "MAQI - für Tierrechte, gegen Speziesismus" mit Sitz in Bad Soden-Salmünster.

Veganer sind Menschen, die keinerlei tierische Produkte benutzen oder zu sich nehmen. Darunter fallen all diejenigen Lebensmittel, die auch für Vegetarier tabu sind, also Fleisch und Fisch, aber unter anderem auch Milch, Eier, Lederprodukte, Wolle, Seide und eben Gelatine.

Wer tut sich so was freiwillig an? Ist das überhaupt noch ein Leben? Ist das nicht ungesund? Antworten der Tierrechtler fallen eindeutig aus: Mord ist ein Verbrechen, ebenso wie Folter, und hierbei machen sie keinen Unterschied zwischen Menschen und Tieren. Antispeziesismus meint, dass niemand auf Grund der Zugehörigkeit zu einer Spezies benachteiligt werden darf. Es gehe den Veganern und der Gruppe MAQI darum, dass keine Tiere mehr gequält oder getötet werden dürften, egal für welchen Verwendungszweck.

Um der Bevölkerung die heute in Deutschland vorherrschenden, teils erschreckenden Arten von Tierhaltung vor Augen zu führen, befreit die Gruppe gequälte Tiere wie zum Beispiel Legehennen, dokumentiert diese Aktionen und stellt Bilder unter www.maqi.de online. Ebenso durchsuchen die Aktivisten die Mülltonnen von Mast- und Zuchtbetrieben und präsentieren die gefundenen Tierleichen Passanten in Fußgängerzonen. Dabei erleben sie die unterschiedlichsten Reaktionen: "Von Aggression bis Betroffenheit und Zustimmung zum veganen Leben ist schon alles dabei gewesen", berichtet Stößer.

Wichtig ist den Tierrechtlern die Abgrenzung zu Tierschützern, die nach Meinung von Stößer und Mueller das Leiden der Lebewesen nur eingrenzen, nicht aber ganz abschaffen wollen. Ihre teils illegalen Aktionen rechtfertigen die MAQI-Mitglieder damit, dass sie zwar Gesetzesbruch, nicht aber Verbrechen seien, und vergleichen dies mit Republikflucht in der ehemaligen DDR. Trotz des Glaubens an die Vorstellung von einer veganen Welt bezeichnen sich die Tierrechtler nicht als weltfremd oder abgehoben, sondern stehen nach eigenem Bekunden "mitten im Leben".

Argumente gegen ein veganes Leben scheint es nicht zu geben: Mangelhafte Vitamin- und Nährstoffzufuhr trete bei abwechslungsreicher Ernährung nicht auf - Mueller, im sechsten Monat schwanger, kann bei sich keine Probleme feststellen. Der Zeitaufwand für ein veganes Leben sei minimal, die Natur biete genügend, um sich zu ernähren, ohne Tiere töten zu müssen.

Beim Verlassen des nichtveganen Cafés, in dem die MAQI-Aktivisten ihre Sicht der Dinge dargestellt haben, erklärt eine Kellnerin, sie sei diplomierte Ernährungswissenschaftlerin und halte vegane Ernährung in der Schwangerschaft für unverantwortlich. Die Perspektiven derjenigen, die Leben schützen wollen, sind offenbar so unterschiedlich wie die Menschen selbst.

www.maqi.de

Kinzigtal-Nachrichten, 20. September 2005

Kommentar siehe Artikel über Tierrechtsinitiative, Forenbeitrag siehe Tierrechtsforum: Pressearbeit.

Tierisches kommt nicht auf den Teller - Seite 13 Seite 13. Bildunterschriften:
"Ein Schweineleben: Dicht gedrängt stehen die Tiere in einem Transporter, der sie zum Schlachthof bringt" Foto: dpa
"Achim Stößer ist Initiator der Tierrechtsorganisation MAQI mit Sitz in Bad-Soden-Salmünster" Foto: Julia Weigelt

WWW: http://maqi.de
Email:mail@maqi.de