s.a. Pressemitteilung (29. Mai 2004)

Pressemitteilung (23. Mai 2004)

Berufungsverhandlung wegen Tierbefreiung

Tierbefreiung ist kein Diebstahl / Demo für Tierrechte in Heidelberg / Verfassungsbeschwerde

TruthuhnkükenbefreiungWie die Tierrechtsinitiative Maqi - für Tierrechte, gegen Speziesismus heute mitteilt, findet im Landgericht Heidelberg am kommenden Donnerstag, 27. Mai die Berufungsverhandlung gegen zwei Tierrechtler statt, die im Juni 2003 wegen "Diebstahls" - so bezeichnete das Gericht fälschlich die Befreiung von Enten, Gänsen und Truthühnern aus einer Mastanlage - zu jeweils 30 Tagessätzen verurteilt worden waren.

Befreiung von Gänseküken 13.07.02Tatsächlich handelt es sich, entgegen dem Urteil des Amtsgerichts, bei Tierbefreiungen keineswegs um Diebstahl. "Zu Unrecht hat das Amtsgericht auf Seiten der Angeklagten Straftaten des Diebstahls nach §§ 242 Abs. 1, 248a StGB angenommen. Die Angeklagten haben Tiere unstreitig weggenommen. Den Angeklagten fehlte es aber an der Absicht, die weggenommenen Tiere sich oder einem Dritten zuzueignen", führt Rechtsanwalt Wolfgang Schindler in der Berufungsbegründung aus. "Das Urteil ist damit aufzuheben."

"Nicht nur juristisch ist hier die Bezeichnung ‚Diebstahl' unsinnig", so Achim Stößer, einer der Angeklagten. "Die Tiere wären wenige Tage später umgebracht worden. Aus ethischer Sicht könnte ebensogut die Befreiung von Kindern aus Dutroux' Kellerverlies als ‚Diebstahl' bezeichnet werden." Tiere als "Eigentum" zu betrachten sei eine inakzeptable speziesistische Sichtweise analog zu der von Sklavenhaltern auf Sklaven; nur sei Sklaverei heute weitgehend geächtet, während Tierausbeutung allgegenwärtig sei.

Befreiung einer Gans 25.10.02Typisch für das Rechtssystem in einer speziesistischen Gesellschaft sei es, so Stößer, die wahren Täter, die Tierausbeuter nämlich, zu schützen, während diejenigen, die ihren Opfern zu helfen versuchen, verurteilt würden. "Auch wenn Jurisdiktion oder Teile der Bevölkerung es anders sahen oder sehen: die Benutzung von Weißen vorbehaltenen Wasserspendern durch Afroamerikaner kann ebensowenig ein Verbrechen sein wie 'Rassenschande', 'Republikflucht', Homosexualität oder die Befreiung von Leibeigenen", so Stößer, "und ebensowenig ist es die tierrechtsethisch motivierte Befreiung nichtmenschlicher Tiere aus den Händen ihrer Ausbeuter."

Bemerkenswert auch, daß Richter a.D. Helmut Kramer, der angeboten hatte, Stößer unentgeltlich zu vertreten, vom Landgericht Heidelberg (bestätigt vom OLG Karlsruhe) nicht als Verteidiger zugelassen wurde. Gegen diese Entscheidung, die auf der Nazigesetzgebung von 1935 basiert, wurde Verfassungsbeschwerde eingereicht. Kramer wurde u.a. bekannt durch die Teilnahme an der "Richterblockade" in Mutlangen als Protest gegen die Raketenstationierung, das Eintreten für NS-Justizopfer (etwa durch posthume Wiederaufnahme des Verfahrens gegen die wegen "Plünderung" zum Tod verurteilte Erna Wazinski) sowie die Verteidigung von Kriegsdienst-Totalverweigerern.

Prozeßbegleitend wurde eine Demonstration angemeldet, nähere Informationen hierzu bei Maqi.

Die Verhandlung beginnt um 9:00 Uhr. Rückfragen am Prozeßtag unter 0160/97928755.

Maqi - für Tierrechte, gegen Speziesismus setzt sich für eine Verwirklichung der Tierrechte (so etwa das Recht auf physische und psychische Unversehrtheit), die Abschaffung der Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Spezies (analog zu Antirassismus und Antisexismus) und die Etablierung einer veganen Gesellschaft ein.

Nähere Informationen und Bildmaterial bei Maqi - für Tierrechte, gegen Speziesismus, c/o Tanja Mueller, Brauhausgasse 2, D-63628 Bad Soden-Salmünster, Tel. 06056/9177888, mail@maqi.de, http://maqi.de.

Autor:Achim Stößer
WWW: http://maqi.de
Email:mail@maqi.de

Pressemitteilung (29. Mai 2004)

Tierbefreiung: Berufung verworfen

BGH-Entscheidung unterlaufen / Eigentlicher Mißstand ist die Tierausbeutung

Wie die Tierrechtsinitiative Maqi - für Tierrechte, gegen Speziesismus heute mitteilt, bestätigte das Landgericht Heidelberg am Donnerstag, 27. Mai in der Berufungsverhandlung das Urteil des Amtsgerichts Sinsheim. Dieses hatte zwei Tierrechtler im Juni 2003 wegen "Diebstahls" - so bezeichnete das Gericht fälschlich die auf der Internetseite der Initiative ausführlich dokumentierte Befreiung von Enten, Gänsen und Truthühnern aus einer Mastanlage - zu jeweils 30 Tagessätzen verurteilt.

Die Richterin beharrte darauf, es habe eine Zueignungsabsicht (die für den Tatbestand des Diebstahls zwingend erforderlich ist) bestanden, entgegen dem Urteil des Bundesgerichtshofs, in welchem eindeutig entschieden wurde, eine solche läge nur dann vor, wenn der Täter sich einen "Vorteil verspricht", der "stets wirtschaftlicher Art sein und unmittelbar oder mittelbar mit der Nutzung der Sache zusammenhängen" müsse. Zwar hätten die Angeklagten ebenso wie diejenigen, in deren Obhut die Tiere übergeben wurden, durch die Befreiung nicht nur keine wirtschaftlichen Vor-, sondern erhebliche finanzielle Nachteile gehabt, dies sei jedoch unerheblich. Das BGH-Urteil reduzierte sie auf einen bloßen Kniff, um Täter auch im Fall der "Drittzueignung", die in der damaligen Fassung des Gesetzes fehlte, bestrafen zu können. Vielmehr genüge es, daß mit der Übergabe der befreiten Tiere (da diese ohne menschliche Fürsorge kaum Überlebenschancen haben) an Dritte diese in eine "eigentümerähnliche Position" versetzt würden. Immerhin räumte sie ein, daß sie davon ausgehe, daß eine Revision stattfinden würde.

Auch die von der Verteidigung ersatzweise vorgebrachte Möglichkeit eines rechtfertigenden Notstands wies die Richterin zurück, aus den Äußerungen der Angeklagten - es sei nicht darum gegangen, Tiere aus einer außergewöhnlich schlechten "Haltung" zu befreien, die Befreiung hätte ebenso in einer sogenannten Biofreilandhaltung stattfinden können - sei zu entnehmen, daß hier der subjektive Tatbestand fehle.

Der Angeklagte zeigt für diese Begründung wenig Verständnis: "Der ‚Landwirt', der uns angezeigt hat, muß alle paar Tage vier oder fünf große Mülltonnen voller Leichen beseitigen lassen, Leichen von Tieren, die die Umstände, unter denen er sie gefangenhält, nicht überlebt haben. Denen, die lang genug durchhalten, einige Monate - Gänse können z.B. bis zu 80 Jahre alt werden - läßt er die Kehle aufschlitzen. Zigtausenden in jedem Jahr. Und dann soll kein Notstand für die Opfer vorliegen, nur weil dies überall so ist? Ebensogut könnte jemandem, der Kinder aus einem Bordell auf Phuket befreit, vorgehalten werden, dies sei kein besonderer Notstand, da es in Kinderbordellen anderswo nicht besser sei."

Stößer räumt allerdings ein, daß diese Verkennung der Realität nicht allein Schuld des Gerichts sei. "Hauptverantwortlich für dieses absurde Bild in der Öffentlichkeit, das auch die Einstellung das Gerichts prägt, sind Tierschützer, die - anders als wir Tierrechtler - die Ausbeutung nicht abschaffen, sondern lediglich reformieren wollen." Diese unterschlügen die Tatsache, daß die Ausbeutung nichtmenschlicher Tiere unabhängig von der Art der Gefangenhaltung bzw. Ermordung in der Praxis grundsätzlich mit Leiden verbunden sei; sie dokumentieren häufig sogenannten ‚Mißstände' in x-beliebigen Betrieben, die in Wahrheit nichts weiter seien als der Alltag, gleich, ob es um Schweinmast, Tierversuche oder Eierproduktion gehe. "Daß sie damit suggerieren, oft sogar ausdrücklich behaupten, es gäbe wesentlich ‚bessere' Formen der Ausbeutung, und damit den Tierrechten eklatant schaden, ist ihnen gleich, schließlich geht es ihnen nicht um das Leben der Tiere, sondern um ganz anderes, etwa darum, mit vermeintlich gutem Gewissen selbst die Leichen der Opfer zu konsumieren, darum, potentielle Geldgeber nicht zu verprellen usw." Maqi lehne dagegen explizit Mitgliedsbeiträge und aktives Spendensammeln ab, um euphemismenfrei aufklären und so für die Rechte der Tiere eintreten zu können, und fordere selbstverständlich konsequent Veganismus: "Natürlich wollen wir nicht speziell auf ‚besondere Mißstände' in irgendwelchen Anlagen aufmerksam machen. Deren schiere Existenz ist der Mißstand, um den es geht."

Auch auf eine weitere Ursache für derartige richterliche Fehlentscheidungen verweist Stößer. 1942 sei ein Michael Götz von einem Sondergericht zum Tod verurteilt worden, weil er 15 Menschen, die der drohenden Deportation in das berüchtigte Ghetto in Lodz entgehen wollten, zu einem Ghetto mit etwas besseren Überlebensbedingungen beförderte. "Damit verstieß er wie wir gegen kein Strafgesetz. Dennoch wurde er verurteilt, da er durch die Transporte nicht nur einzelnen Juden, sondern dem als Todfeind des Deutschen Volkes anzusehenden Weltjudentum Vorschub geleistet habe. Das Urteil wurde mit ‚dem Grundgedanken' des § 91 b StGB (‚Feindbegünstigung') und dem ‚gesunden Volksempfinden' begründet." Die seit 1966 anhängigen Verfahren gegen die an dem Todesurteil beteiligten Juristen wurden sämtlich bis 1980 eingestellt. "Frappierende Parallelen", kommentiert Stößer. "Auch wenn wir heute - unter Umgehung geltenden Rechts - nicht zum Tod, sondern nur zu Geldstrafen verurteilt werden, weil wir in einem ethisch inakzeptablen System Individuen aus katastrophalen und tödlichen Situationen helfen - die dahinterstehenden Prinzipien, da rassistisches, hier speziesistisches Gedankengut, sind die gleichen."

Maqi - für Tierrechte, gegen Speziesismus setzt sich für eine Verwirklichung der Tierrechte (so etwa das Recht auf physische und psychische Unversehrtheit), die Abschaffung der Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Spezies (analog zu Antirassismus und Antisexismus) und die Etablierung einer veganen Gesellschaft ein.

Nähere Informationen und Bildmaterial bei Maqi - für Tierrechte, gegen Speziesismus, c/o Achim Stößer, Brauhausgasse 2, D-63628 Bad Soden-Salmünster, Tel. 06056/9177888, mail@maqi.de, http://maqi.de.

Autor:Achim Stößer
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