Universelles Leben hat gegen den Hessischen Rundfunk geklagt und verloren

Wer austeilt, muß einstecken

Würzburg/Frankfurt. Mit einer Schlappe für die Glaubensgemeinschaft endete ein Rechtsstreit, den das Universelle Leben gegen den Hessischen Rundfunk geführt hat.

Der Film des Hessischen Rundfunks (HR) hatte für Wirbel gesorgt. Unter dem Titel "Das Seelenkartell - Geheime Machenschaften einer Sekte" hatten Ulrike Bremer und Kamil Taylan einen Film über das Universelle Leben (UL) gedreht, der am 10. Dezember 1993 im Abendprogramm der ARD gesendet wurde.

Die Arbeit der Filmautoren war nicht einfach. Nach eigenen Angaben wurden sie ständig verfolgt, fotografiert, beschattet. Stundenlang standen "Beobachter" vor dem Haus eines Interviewpartners, um die Journalisten abzufangen.

Als Männer "hinter der Prophetin" Gabriele Wittek nannten die Journalisten den Heilpraktiker Harald Dohle und Prof. Dr. Walter Hofmann aus Marktheidenfeld (Lkr. Main Spessart). "Gemeinwohl für zwei. Gemeiner geht’s nicht", heißt es in dem Film.

Am 30. Januar 1994 wurde "Das Seelenkartell" zum zweiten Mal ausgestrahlt. Diesmal im Regionalprogramm des HR. Dohle, Hofmann und der Verlag "Universelles Leben" liefen Sturm. Drei Tage später unterschrieb der HR eine Unterlassungserklärung: Die Information, daß Dohle und Hofmann alleinige Gesellschafter der Sophia-Stiftung waren, beziehe sich auf den Stand vom 1. November 1993, wird die Rundfunkanstalt bei jeder künftigen Ausstrahlung des Films erwähnen.

Den Erlaß einer einstweiligen Verfügung gegen den Sender lehnte das Landgericht Frankfurt am 24. Februar 1994 ab. Eine Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde vom Oberlandesgericht Frankfurt am 15. März 1994 als unbegründet verworfen.

Im Mai 1995 erhoben die UL-Juristen Dr. Christian Sailer und Dr. Gert-Joachim Hetzel für ihre Mandanten Klage zum Landgericht Würzburg gegen den HR. Den Sender vertrat der Würzburger Anwalt Hans-Erich Jordan. Am 25. Oktober 1995 wies die Zweite Zivilkammer die Unterlassungsklage ab.

Die UL-Anwälte hatten geltend gemacht, daß Dohle und Hofmann nur für eine Übergangszeit alleinige Gesellschafter waren. Sie hätten nicht frei über ihre Anteile verfügen können. Vehement wehrte sich das Universelle Leben auch gegen den im Film vermittelten Eindruck, seine Publikation "Christusstaat" sei ein "Naziblatt", das mit Einverständnis der Redaktion in der rechten Szene nachgedruckt werde.

Das Gericht jedoch kam zu der Überzeugung, daß die vom UL beanstandeten Textpassagen vom Recht der freien Meinungsäußerung und vom Recht der Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fernsehen gedeckt sind.

Die Kläger waren unzufrieden und gingen vors Oberlandesgericht Bamberg (OLG), wo UL-Anwalt Sailer zunächst mal sowohl den Vorsitzenden Richter als auch den Berichterstatter wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnte. Erfolglos. Und auch das Urteil fiel anders aus, als das UL es sich erhofft hatte.

Den Vorwurf leichtfertiger oder unzureichender Recherchen müsse sich der HR nicht gefallen lassen, sagte das OLG. Im übrigen sei auch die Glaubensgemeinschaft nicht gerade zimperlich. Wer eine öffentliche Rundfunkanstalt der "Volksaufhetzung" und "Ehrabschneidung" bezichtige und Richtern vorwerfe, die Meinungsfreiheit zur "unbegrenzten Beschimpfungsfreiheit" verkommen zu lassen, dürfe keine "ausgewogene, schonende Kritik und Darstellung erwarten". In der Zeitschrift "Christusstaat" erkannte der Senat "durchaus antisemitische Tendenzen". Einzig seine Behauptung, "andere Naziblätter" druckten dieses Organ komplett nach, darf der HR nicht mehr aufstellen. Er konnte nämlich nur beweisen, daß der "Nachrichten-Austauschdienst" von Walter Ochsenberger, der zur Zeit der Dreharbeiten eine Haftstrafe wegen NS-Wiederbetätigung verbüßte, eine Abhandlung aus dem "Christusstaat" übernommen hat. Die Rundfunkanstalt und ihr Würzburger Anwalt Hans- Erich Jordan sind sehr zufrieden mit der OLG-Entscheidung: "Wir haben nur eine ganz kleine Korrektur hinnehmen müssen". Jetzt ist der Rechtsstreit zwischen Glaubensgemeinschaft und Rundfunkanstalt endgültig beendet. Revision wurde nicht zugelassen. Weder habe "die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung", noch weiche das "Urteil von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs oder des gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes" ab, so die Begründung des OLG.


Gisela Schmidt, Main-Post, 11. Januar 1997

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