Lebe-Gesund-Stand soll geräumt werden

Stadt will umstrittenen Marktstand räumen lassen

Räumungstitel gegen Lebe Gesund soll bis September vollstreckt werden - Zustimmung von SPD und CDU

Nach langem, erfolgreichem Rechtsstreit macht die Stadt nun Ernst: Der Öko-Stand der Firma Lebe Gesund in der Markthalle soll bis Ende September geräumt werden. Die Firma, die im Einflussbereich der umstrittenen Glaubensgemeinschaft Universelles Leben agiert, kündigt Widerstand an.

"Ich wünsche Ihnen, dass Sie in der Markthalle bleiben dürfen." Die Hoffnung, die eine Kundin in einem Büchlein äußert, das am Marktstand ausliegt, könnte sich bald zerschlagen: Die Stadt will den in ihren Augen unliebsamen Lebe-Gesund-Betrieb nicht länger in der Markthalle dulden.

"Seit dem Urteil des Oberlandesgerichtes Stuttgart vom 24. Mai 2002 haben wir einen vollstreckbaren Räumungstitel", bestätigt Rechtsreferent Alfons Schwedler gegenüber unserer Zeitung. "Bis Ende September soll der Titel durch den Gerichtsvollzieher vollstreckt werden." Von der Vorstellung, dass es dabei womöglich zu einer handfesten Auseinandersetzung um den Stand kommen könnte, will sich Schwedler nicht abschrecken lassen. "Falls es nötig sein sollte, kommt der Gerichtsvollzieher mit der Polizei. Die Räumung muss klappen!"

Von einem publizitätsträchtigen Showdown in der Markthalle mag Christian Sailer nichts wissen. Der Anwalt des Lebe-Gesund-Standes kündigt einmal mehr juristische Gegenwehr an. "Wir werden beim Bundesgerichtshof einen Vollstreckungsschutzantrag stellen. Und ich bin guter Hoffnung, dass wir uns vor Gericht durchsetzen werden."

In Sailers Augen geht die Kündigung durch den städtischen Eigenbetrieb Versorgungsmärkte und Marktveranstaltungen (VMS) auf die "Einflussnahme der Kirchen" zurück und ist deshalb "willkürlich". Sollte der Bio-Stand wider Erwarten dennoch aus der Markthalle weichen müssen, stünden der Vorwurf der Geschäftsschädigung sowie Ansprüche auf Schadenersatz im Raum. Den Standort Stuttgart, so Sailer, werde man "mit Sicherheit nicht verlassen".

Hintergrund des langwierigen Rechtsstreits durch mehrere Instanzen - die erste Kündigung wurde bereits zum 31. August 2001 ausgesprochen - ist die mit zahlreichen Indizien darstellbare enge Verflechtung zwischen den bundesweit über 50 Lebe-Gesund- und Gut-zum- Leben-Verkaufsstellen und der Organisation Universelles Leben (UL) der selbst ernannten Prophetin Gabriele Wittek. Anwalt Sailer etwa vertritt nicht nur die Bio-Firmen, die so genannten "Güter Neu-Jerusalem", sondern ist auch Sprecher des UL. Nur in der Papierform haben die beiden Konglomerate nichts miteinander zu tun.

In dem Antrag der SPD-Fraktion im Gemeinderat, der seinerzeit den Anstoß für die Kündigung des Marktstandes gab, heißt es unter anderem: "Bei der Erzeuger- und Vermarktungsorganisation Gut zum Leben handelt es sich um ein Wirtschaftsunternehmen unter dem Dach der sektiererischen Organisation Universelles Leben. Die Gruppe zeichnet sich durch eine autoritäre Weltanschauung und manipulative Psychomethoden aus." Politiker, Behörden und Sektenbeauftragte kritisieren UL seit vielen Jahren.

SPD-Stadtrat Andreas Reißig wertet die angekündigte Räumung des Marktstandes als Erfolg. "Vom UL geht ein Gefährdungspotenzial aus. Es ist vorbildlich, wenn die Stadt mit der Kündigung ihre Verantwortung wahrnimmt." CDU-Fraktionschef Michael Föll, der von UL-Anwalt zweimal erfolglos juristisch attackiert wurde, begrüßt die Entwicklung ebenfalls. "Ich lag mit meiner Einschätzung dieser Sekte richtig!"


Michael Isenberg, Sindelfinger-Böblinger Zeitung online, 01. August 2002

Internet:http://maqi.de/ul